Videocamp Düsseldorf 2014

Obwohl ich beruflich wenig mit Webvideo zu tun habe bin ich spätestens seit dem Erfolg von Diggnation 2005 angefixt. Mittlerweile ist klar, dass dem Format die Zukunft gehört, dennoch ist man in Deutschland noch stark in der Findung begriffen. Seit nunmehr 5 Jahren begleitet das Videocamp diese Entwicklung, seit 3 Jahren bin ich in Düsseldorf dabei und mittlerweile sind wir alte Bekannte. Außer meinen regelmäßig angebotenen Sessions zu Projekt- und Teammanagement konzentriere ich mich meistens auf Sessions die das Produktionsmanagement, die Vermarktung und das wirtschaftliche und politische Umfeld von Webvideo betreffen. Zwar habe ich in der Vergangenheit auch einige eigene Videos produziert, aber aktuell sind weder Zeit noch Ambitionen da, den teilweise hervorragenden technischen Workshops beizuwohnen.

Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation

So habe ich am ersten Tag häufig Gelegenheiten abseits der Tracks gefunden mich über konkrete Punkte mit anderen Anwesenden auszutauschen. In meiner Session ging es auf Wunsch der Teilnehmer schwerpunktmäßig um Kommunikation und Erwartungsmanagement bei Kunden. Allgemeine Praxis hier: Kunden möglichst mit Work in Progress und Einladung zum Dreh am Prozess teilhaben lassen, aber übertriebene Einflussnahme auch klar ablehnen. Bei aller Transparenz ist der Dreh selber eine sehr heikle Phase, denn er ist in der Regel zwischen Pre- und Postproduction der teuerste Projektbestandteil und grobe Fehler hier sind nur kostspielig wieder reparabel. Als Tangente entstand hier auch Kritik zwischen den “Alteingesessenen” und den Newcomern: Letzteren wurde explizit das Wecken schwer erfüllbarer Erwartungen vorgeworfen, insbesondere bei Aufwand und Kosten für Videos.

Dieses Thema habe ich gemeinsam mit Sascha Stoltenow am Zweiten Tag in einer eigenen Session behandelt, die auch noch in meiner 2. Projektmanagementsession andauerte. Ziel muss es meiner Meinung nach sein, jungen Filmern bei ersten kommerziellen Schritten ein Stückweit entgegen zu gehen und gleichzeitig bei Auftraggebern klar zu stellen, dass Erfolge wie die anwesenden Scenetake, Neongrüner Spinat oder ItsColeslaw nicht über Nacht entstehen sondern über Jahre hinweg intensive Arbeit mit der eigenen Community erfordern. Diese ist auch, was Stefan Evertz (Cortex digital) in seiner Session zu Monitoring mit Earned Social media beschreibt: Promotion der Marke die von Unternehmen weder bezahlt noch gesteuert werden sondern einzig durch Fans getragen wird – der heilige Gral des Marketing. Das eine entsprechende Community nicht über Nacht aufgebaut werden kann (nicht mal für teures Geld) und die Erwartung dass es einfach und nahezu kostenlos zu machen ist, weil es ja offensichtlich auch von Schülern gemacht wird ist leider noch viel zu häufig vertreten. Vielen Dank an dieser Stelle für die rege Teilnahme an allen Sessions.

Hier passt auch eine interessante Metapher zu, die in einer Diskussion über das Verständnis von Social Media – nicht nur auf Youtube – genannt wurde: “Social Media sind immer noch in der Goldgräberstimmung”. Mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass Unternehmen keine Expeditionen mit ausreichend Equipment und Knowhow ausrüsten (Stichwort Monitoring) sondern lieber einen Praktikanten amerikanische Nachrichten schauen schicken und sich auf diese Weise eine Teilhabe am Reichtum der Schürfenden erhoffen. Der Wandel vom staatlichen Fernsehen hin zur Erschließung und Verständnis bei Werbetreibenden und Unternehmen hat über 30 Jahre gedauert. Es wird noch einiges an Zeit und Geduld notwendig sein bis vor allem größere Unternehmen die Chancen des bidirektionalen Dialoges mit der Kundschaft begreifen. Wer auch immer zuerst dahinkommt, schickt seine Leute mit Spitzhacken an den Klondike, nicht mit einem Zahnstocher in den Hinterhof.

Youtube – nur was für Kids?

Obwohl ich die deutschsprachige Webvideoszene nur unzureichend kenne (iBlali erklärt das hier damit, dass Youtube für eine jüngere Altersgruppe gedacht ist) hat es mich doch sehr gefreut einige auch mir bekannte Gesichter persönlich treffen zu können, allen voran Klaus Kauker, der Mann der regelmäßig u.a. Eurovision- und Bohlen-songs seziert um auf musikalische Eigenheiten und/oder Ideenklau in der Branche zu verweisen. Auch Holger Kreymeier von Fernsehkritik.tv war vor Ort und hat sein Portal Massengeschmack.tv vorgestellt, das zeigt, dass auch abseits von Youtube professionelles Webvideo nicht nur möglich ist sondern mitunter auch sehr lukrativ. Bin gespannt, was auf seiner Plattform in Zukunft an Formaten entstehen wird.

Eine interessante Debatte die ich leider nur anteilig mitbekommen habe drehte sich um das kürzlich medial durch report Mainz hochgekochte Thema der Schleichwerbung in Webvideos bei einigen Formaten der Mediakraft (daaruum und y-titty wurden hier genannt). Sascha Pallenberg bot hierzu eine Session an, deren Ziel eine geschlossene Reaktion auf dir Vorwürfe hätte sein können, sich jedoch in der Diskussion über die tatsächliche Kritikalität von Schleichwerbung scheinbar bereits erschöpfte. Ein abschließendes Ergebnis oder eine Reaktion ist mir nicht bekannt. Nächstes Jahr würde ich hier gerne darauf hinwirken, dass sich das Videocamp auch an dieser Stelle geschlossen aufstellen kann und ein klares Statement abgibt.

Insgesamt blieb wieder viel zu wenig Zeit um sich mit allen Anwesenden ausreichend unterhalten zu können, aber ich bin trotzdem sehr froh dabei gewesen zu sein, habe viel gelernt und freue mich Euch alle im nächsten Jahr wieder sehen zu können – evtl. zwischendurch auf diversen Barcamps an Rhein und Ruhr oder beim Yumee, dem Youtube user meeting.

Als persönliche Notiz: Herzlichen Dank an Carmen für das grandiose Biertasting bei Britische Biere, und den anderen Teilnehmern (Michaela, Ellen, Britta, Sascha, Christian, Florian und Anton) für einen sehr unterhaltsamen Abend rund ums Bier. 6 Stück haben wir verkostet, und das Meantime Porter und Yakima Ale (5 Hopfensorten!) sowie ein irisches Weizenbier sind definitiv meine neuen Favoriten. Zusammen mit den Anekdoten und dem grandiosen Curry hat Gastgeber Achim Helbig für einen perfekten Abschluss des Camps gesorgt.
BILD: CC-BY Webvideopreis

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